Spielräume – Bühnenbild von Peter Schmidt fürs Theater
Obwohl seine tiefe Liebe der Musik gehört – die engste und kontinuierlichste künstlerische Zusammenarbeit pflegt Peter Schmidt mit einem Theater, in dem gesprochen wird: mit dem Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg, Deutschlands größtem Privat-Theater. Seit 2003 hat er für zahlreiche Produktionen das Bühnenbild und die Kostüme gestaltet, seit 2006 ist er Mitgesellschafter und sorgt auch für das klare Außenbild, bis hin zur Gestaltung des Theater-Vorplatzes, wo nun eine 17 Meter hohe rote Stele ein unübersehbares Zeichen setzt.
Isabelle Vértes-Schütter, die Intendantin, bringt auf den Punkt, was sie immer wieder am Bühnenbild von Peter Schmidt schätzt: „Er entwirft minimalistische Spielräume, die durch ihre Klarheit und ästhetische Brillanz bestechen. Räume, die frei von symbolischer Überfrachtung sind, aber dennoch starke Akzente setzen und so eine maximale Forderung an Text und Darsteller formulieren.“
Bühnenbild darf keine Illustration sein
Die Gestaltungsprinzipien, die Peter Schmidt als Designer in die Weltklasse getragen haben, erweisen sich auch im Theater als äußerst wirksam: „Mein großes Thema ist die Konzentration. Ich versuche einen Ort zu schaffen, wo die Menschen die Möglichkeit haben, wieder zu sich selber zu finden.“ Konzentration – und Reduktion auf den Kern, um die Essenz eines dramatischen Textes fassen. „Ein Bühnenbild darf keine Illustration sein, es muss eine Atmosphäre schaffen, in der sich Handlung und Potenzial eines Stücks entfalten können.“
- Beispiel „Die weiße Rose“, 2005: Ein kalter, weißer, einfacher und abweisender Raum ist das Bühnenbild, unterkühlt gestylt, die Formen auf einfachste Geometrie reduziert. Eine Treppe ins Nichts markiert den Weg zum Schafott.
- Beispiel Nathan der Weise, 2006: Das Bühnenbild schafft einen klaren, zeitlosen Denkraum auf der Theater-Bühne. „Eine weite, dem Wort Respekt zollende, das Wort beflügelnde Bühnenlandschaft als geistiger Raum“, schreibt die Hamburger Rezensentin Monika Nellissen. Für „Nathan der Weise“ wird Peter Schmidt 2007 mit dem Rolf-Mares-Preis ausgezeichnet.
- Beispiel „Die Möwe“, 2007: Das Bühnenbild von Peter Schmidt holt weder Birken, Samovar noch Balalaika ins Theater. Ein paar knallrote Hocker, ein paar weiße Tische. Peter Schmidt mache, sagt Regisseurin Tina Engel, Bilder von inneren Landschaften und von Menschen sichtbar. „Die Menschen sitzen sich einfach durchs Leben mit dem Thema des Nichts.“
- Beispiel „Der Teufel und die Diva“, 2013: Übergroße Buchstaben, die den Namen Hildegard Knef bilden können, liegen auf der Bühne. Buchstaben formen das Bühnenbild, sie formen viele Bilder von einem Menschen. Der Teufel im Ernst-Deutsch-Theater will herausfinden, wer sie wirklich war.
Poetische Zeichen und Bilder, Keine Antworten.
2012 sorgte Peter Schmidt in der Philharmonie Essen für die szenische Einrichtung der Uraufführung eines Theater-Monologs von Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. „Schatten“ ist ein Monolog der im Hades verbliebenen Eurydike, die einen Einblick gibt in das, was zwischen Orpheus und ihr sonst noch alles schief gelaufen ist. Das Bühnenbild von Peter Schmidt setzt Johanna Wokalek dafür auf einen großen Haufen alter Kleider, und fügt in Rückblenden Filmaufnahmen dazu, die er mit ihr auf Ibiza gedreht hat. Poetische Zeichen und Bilder, keine Antworten.
Sein Credo auch hier: „Ich mag kein lehrerhaftes Theater.“ Vielmehr möchte Peter Schmidt „magische Bilder“ erschaffen, die bei den Zuschauern haften bleiben und die ihre Fantasie anregen. „Mit seiner unerschöpflichen gestalterischen Kraft“, sagt Isabella Vértes-Schütter ist er Wegbereiter für zukunftsweisende neue Formen und Konstellationen im Kontext des Sprechtheaters geworden.“